Preisträgerinnen des Wolfgang-Tietze-Preises stehen fest

Über den Sommer erreichte uns eine Vielzahl höchst überzeugender Forschungsarbeiten zum Thema „Qualität in frühkindlichen Lernumwelten“. Die Auswahl fiel der mehrköpfigen wissenschaftlichen Jury daher schwer. Da zwei Abschlussarbeiten besonders herausstachen, wurde in der finalen Auswahlrunde entschieden, den Preis zu teilen. Wir freuen uns daher sehr, in diesem ersten Jahr der Preisverleihung gleich zwei Preisträgerinnen gratulieren zu können:  Der Österreicherin Anna Bilgeri sowie der Augsburgerin  Patricie Petrinova. Mit dem Preis ist eine Geldprämie sowie ein Mentorship durch ein Vorstandsmitglied der pädquis Stiftung im Falle einer Promotion verbunden.

Wir bedanken uns bei allen Bewerber*innen für die Teilnahme und die damit verbundenen spannenden Einblicke in ihre wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema frühkindlicher Lernumwelten.

Die Verleihung des Preises fand im Rahmen des ersten pädquis Forums für Qualitätsentwicklung in der frühkindlichen Bildung am 22. November 2022 statt. Weitere Informationen zur Veranstaltung finden Sie hier.

Preisträgerinnen des Wolfgang-Tietze-Preises: Anna Bilgeri (links) und Patricie Petrinova (rechts)

Mehr zu den Preisträgerinnen und ihren Abschlussarbeiten

Anna Bilgeri, Jahrgang 1994, lebt in Österreich und ist ausgebildete Kindergarten- und Hortpädagogin. Sie hat das Bachelor- und Masterstudium der Erziehungs- und Bildungswissenschaft an der Universität Innsbruck abgeschlossen. Während des Masterstudiums war sie von April 2019 bis September 2020 als studentische Mitarbeiterin im FWF-Projekt „Interaktionsqualität von Kindern im Kindergarten“ des Lehr- und Forschungsbereichs „Frühe Bildung und Erziehung (Elementarpädagogik)“ der Universität Innsbruck angestellt. Anna Bilgeri ist seit 2020 als pädagogische Fachkraft und Anleiterin der Praktikant*Innen im Praxiskindergarten und -hort der katholischen BAfEP (Bildungsanstalt für Elementarpädagogik) Zams und seit 2021 als Lehrende an der katholischen BAfEP Zams tätig.

Titel der Masterarbeit: „Zur Bedeutung des „Activity Settings“ für die Beschaffenheit kindlicher Interaktionen. Ergebnisse aus einer Tiroler Kindergartenstudie“

Betreuer: Univ.-Prof. Dr. Wilfried Smidt, Leopold-Franzens-Universität Innsbruck

Patricie Petrinova, Jahrgang 1991, lebt in Augsburg und ist derzeit als Sozialpädagogin in der St.Gregor Kinder-, Jugend- und Familienhilfe gGmbH beruflich tätig. Sie hat ihren Bachelor in Sozialer Arbeit an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften sowie ihren Master in Angewandter Bildungswissenschaft und Pädagogik an der Katholischen Stiftungshochschule in München absolviert. Durch ihre langjährigen praktischen Erfahrungen in einem Naturkindergarten sowie die Mitarbeit im Rahmen der Interventionsstudie Early Math des Deutschen Jugendinstituts e.V. verstärkte sich ihr Interesse am Themenfeld der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung (FBBE) sowie die Motivation für dessen wissenschaftliche Weiterentwicklung.

Titel der Masterarbeit: „Interaktionsqualität und Mehrsprachigkeit in Kindertageseinrichtungen -Eine quantitative Untersuchung der Qualität von Fachkraft-Kind-Interaktionen in bayerischen Kinderkrippen“ (entstanden  in  Kooperation  der  Katholischen  Stiftungshochschule  München und dem Deutschen Jugendinstitut e.V.München)

Gutachterinnen: Frau Prof.  Dr.  Tina  Friederich (Katholische  Stiftungshochschule  München)und Frau Franka Baron M.A. (Deutsches Jugendinstitut e.V. München)

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Zusammenfassung der Masterarbeit von Anna Bilgeri

Die Masterarbeit fokussiert die individuellen Interaktionserfahrungen von Kindern im Kindergarten. Dabei wird der Kontext, in den das einzelne Kind eingebunden ist und in dem die Aktivitäten und Interaktionen stattfinden, näher betrachtet und untersucht welche Bedeutung die Merkmale des „Activity Settings“ – didaktische Phase, Gruppenstruktur und die Rolle der pädagogische Fachkraft – für die Qualität der kindlichen Interaktionen haben.

Eine hohe Interaktionsqualität kann sich positiv auf die kognitive, sprachliche und sozial-emotionale Entwicklung sowie auf den weiteren Schulerfolg der Kinder auswirken. Die Gestaltung von förderlichen und anregenden Interaktionen im Kindergarten wird als wichtiger Bestandteil der pädagogischen Arbeit gesehen und stellt daher ein zentrales Kriterium der pädagogischen Qualität im Kindergarten dar. Im Rahmen des Projekts „Interaktionsqualität von Kindern im Kindergarten“ wurde mittels standardisierter Beobachtungen die individuelle Interaktionsqualität von 261 Kindern aus 81 Kindergärten in Tirol/Österreich erhoben.

Die statistische Auswertung der Ergebnisse zeigt, dass eine aktiv-unterstützende Haltung der pädagogischen Fachkraft sich förderlich auf die Fachkraft-Kind-Interaktionen auswirkt. Des Weiteren werden Freispielphasen häufig von Kindern genutzt, um mit Gleichaltrigen in Kontakt zu treten und zu interagieren. Demgegenüber wirken sich pflegerische Tätigkeiten wie Händewaschen, Umziehen oder die Vorbereitung von Mahlzeiten positiv auf die Auseinandersetzung mit Aufgaben und die Interaktionsqualität zur pädagogischen Fachkraft aus.

Diese Masterarbeit möchte aufzeigen, dass die Wahl des Settings und die Gestaltung der kindlichen Lernumgebung von Bedeutung sind, um kognitiv anregende Interaktionen zu fördern und die kindliche Entwicklung zu unterstützen. Den pädagogischen Fachkräften kommt hierbei eine bedeutende Rolle zu, weil sie die kindliche Lernumgebung gestalten und Interaktionsprozesse sowie Aktivitäten im Kindergarten initiieren und anleiten.  

Zusammenfassung der Masterarbeit von Patricie Petrinova

Die Masterthesis verfolgt das Ziel, die Interaktionsqualität in bayerischen Kinderkrippen sowie ihren Zusammenhang mit einer Mehrsprachigkeit von Kindern im Gruppensetting zu überprüfen. Es kann aufgezeigt werden, dass sich die Qualität von Fachkraft-Kind-Interaktionen im mittleren Bereich bewegt und es dem pädagogischen Personal im Durchschnitt leichter fällt, Kindern eine emotionale Unterstützung anzubieten als aktive Lernprozesse anzuregen.

Ferner wird herausgestellt, dass eine Mehrsprachigkeit von Krippenkindern keinen negativen Einfluss auf die Interaktionsqualität –insbesondere auf die Ebene der emotionalen Unterstützung– in bayerischen Krippen hat. Dieses Ergebnis wird aus verschiedenen Perspektiven diskutiert, da dieser Befund teilweise im Widerspruch zu bereits bestehenden, größer angelegten Studien aus Kitas mit älteren Kindern steht.

Aus diesem Anlass widmet sich die Thesis einer kritischen Reflexion der Komponente „Migrationshintergrund“, da diese häufig in Studien stellvertretend für das Vorhandensein einer Mehrsprachigkeit genutzt wird, obwohl mehrheitlich keine Übereinstimmung der Begriffe oder der konkreten Lebenslagen vorliegen. Die Thesis versucht diesbezüglich einen Perspektivenwechsel im Kontext der Operationalisierung anzuregen.

Des Weiteren konnte herauskristallisiert werden, dass eine natürliche Sprachenvielfalt seit geraumer Zeit kein Alleinstellungsmerkmal im Kontext der frühkindlichen Bildungslandschaft darstellt. Die Masterthesis appelliert an eine Überprüfung weiterer Determinanten im Fokus der Qualitätsforschung, die in Einrichtungen der FBBE Einzug halten werden, wie beispielsweise die soziale Herkunft der Kinder und ihrer Familien. 

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